Warum sich Fertigungsunternehmen jetzt Gedanken über ihre IT-Modernisierung machen sollten.
Warum ist die Modernisierung von ERP-Systemen gerade in der Diskreten Fertigung ein so wichtiger Punkt? Eine Antwort darauf liefert die aktuelle Trovarit-Langzeitstudie, die feststellt: Über die Hälfte aller ERP-Systeme sind zehn oder mehr Jahre alt. Zugleich geben knapp zwei Drittel aller Befragten an, dass ihre Unternehmenslösung den aktuellen Anforderungen nicht mehr gerecht wird.
Neue Herausforderungen im digitalen Zeitalter
In den vergangenen Jahren hat sich der Maschinen- und Anlagenbau primär der Verbesserung seiner Produkte und produktnahen Prozesse verschrieben. Dort werden moderne digitale Software-Technologien zum Teil schon eingesetzt. Beispiele dafür sind intelligente Kommissioniersysteme, die eigenständig und optimiert Ware aus Lägern kommissionieren und zum Arbeitsplatz in der Produktion bringen. Oder die intelligente Ermittlung von Wartungsintervallen unter Berücksichtigung von Faktoren wie Temperatur und Feuchtigkeit.
In den Unternehmen insgesamt sieht es jedoch noch anders aus: Gemäß dem aktuellen VDMA IT-Report haben 60 Prozent aller Unternehmen noch keine Gesamtstrategie für ihre Digitalisierung. Dabei ist klar: Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen besteht akuter Handlungsbedarf, denn sie sind von den klassischen Treibern der digitalen Transformation besonders betroffen:
Mit Kunden und Partnern Schritt halten
Ein gutes Beispiel dafür ist das Thema E-Invoicing, das aktuell besonders im Maschinen- und Anlagenbau auf der Tagesordnung steht: Viele Unternehmen – in erster Linie Konzern-Zulieferer – werden dazu gedrängt, Rechnungen elektronisch zu verarbeiten. Auch der Kunden-Service wird immer wichtiger und Software-Lösungen für diesen Bereich rücken verstärkt ins Blickfeld. ECM (Enterprise Content Management)-Systeme vereinfachen zum Beispiel die Aufgaben der Servicemitarbeiter, indem sie strukturiert alle relevanten Unterlagen bereitstellen – im Büro oder unterwegs. Auch das erhöht natürlich die Servicequalität.
„Wir sind noch nicht so weit“
Viele dieser Themen sind heute eng mit der Cloud verknüpft. Dabei gibt es durchaus noch Vorbehalte: Zwar nimmt die grundsätzliche Skepsis gegenüber Cloud-Systemen ab – aber die Infrastruktur ist einfach noch nicht so weit. Außerdem sind praxisnahe Anwendungsbeispiele immer noch Mangelware. Auch hier liefert der IT-Report des VDMA Zahlen: Das Thema künstliche Intelligenz (KI) bzw. Machine Learning hat zum Beispiel für beachtliche 55 Prozent aller Unternehmen noch keine oder nur eine geringe Bedeutung. Bei Cloud, Big Data und IoT sieht es ähnlich aus.
Es ist also noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Vor allem die System-Anbieter stehen dabei in der Pflicht, die Vorteile ganzheitlicher Lösungsansätze und ihren Mehrwert gegenüber klassischen ERP-Systemen zu beweisen.
Also bleibt alles, wie es ist?
Nein! Der Einsatz neuer Technologien ist kein „nice to have“, sondern ein „must have“ – nicht zuletzt durch den Druck, den Geschäftspartner und Kunden wie beim E-Invoicing ausüben. Und natürlich werden überalterte Systeme den modernen Business-Anforderungen nicht mehr gerecht. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen also ihre Altsysteme modernisieren, die Infrastruktur harmonisieren und über zukünftige Cloud-Strategien nachdenken. Wobei man vermeiden sollte, alles auf einmal zu wollen. Gerade kleine Lösungsszenarien können von großem Nutzen sein, wenn man sie einfach in ein Gesamtkonzept integrieren kann.
Tipp: So können Sie anfangen
Ein gutes Beispiel dafür ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz: Schon mit kleinen und schlanken Lösungen können Sie die Lieferzeiten von Materialien auf vielfältige Weise analysieren. Die KI erkennt Abweichungen vom Normalfall, berücksichtigt diverse Einflussfaktoren und macht Vorschläge für eine optimale Wiederbeschaffungszeit. Wenn man dies periodisch durchführt, erhöht man automatisch die Datenqualität und Liefertreue.
Eine weitere Möglichkeit bietet die Ausdehnung von E-Invoicing auf andere Bereiche: Die gleiche Technik kann man im Einkauf für Auftragsbestätigungen oder im Service für elektronische Arbeitsscheine nutzen.
Beide Beispiele demonstrieren übrigens hybride Ansätze: Sie nutzen zwar die Cloud, setzten jedoch nicht voraus, dass das ERP-System selbst in der Cloud läuft. Moderne ERP-Lösungen wie die Microsoft Dynamics 365-Produkte können das problemlos umsetzen. Gleichzeitig bekommt man damit eine funktionale Breite, mit der sich auch die Spezialanforderungen des Maschinen- und Anlagenbaus abdecken lassen.
Fazit
Fertigungsunternehmen dürfen ihre IT-Modernisierung nicht auf die lange Bank schieben. Kunden und Partner tun das nicht – und auch nicht der Wettbewerb. Dabei sollten Cloud-Technologien kein Tabu sein. Schließlich kann man durch die gezielte Nutzung von Cloud-Services das eigene System einfach um neue Funktionen erweitern. Man muss dabei auch nicht alles auf eine Karte setzen: Die eigenen Systeme können nach wie vor lokal (on-premises) betrieben und je nach Bedarf um Cloud-Funktionalitäten ergänzt werden. Der Trend geht jedenfalls weg von großen, starren, monolithischen Systemen. Eine moderne Unternehmenslösung muss flexibel sein – und offen für neue Technologien, neue Konzepte und neue Ideen.